Freitag, 9. Februar 2007

Meine erste Woche in Lwere, Nuba Mountains












Liebe Freunde,

mein erster freier Tag nach sechs Tagen harter Arbeit. Über die Arbeit will ich später einmal berichten. Alles der Reihe nach. So will ich zunächst etwas über mein Zuhause für die nächsten sechs Monate erzählen. Der Einfachheit halber habe ich etwas aus meinem Tagebuch kopiert, zumindest die Dinge, die Euch interessieren könnten. Ich komme nur an meinem freien Tag dazu, aber was heißt schon freier Tag, man ist hier immer im Einsatz. In der Woche komme ich nur dazu etwas Tagebuch und meiner Liebsten zu schreiben.

Welch ein Schock auf den ersten Blick. Ich bin sicher Einiges gewohnt, die Umstände hier haben aber alles getoppt. So einfach habe ich mir die Zustände nicht vorgestellt. Wir sind wirklich "in the middle of nowhere".

Das Land sieht am Boden genau so aus wie aus der Luft: trocken, staubig und heiß. Jetzt ist Trockenzeit, und der Wind weht gelegentlich, was Abkühlung bedeutet, aber auch eine völlige Versandung aller Gegenstände. So ging es über trockene Pisten, recht ausgefahren, und über Stock und Stein nach Lwere, dem Ort, in dem ich die nächsten sechs Monate leben werde. Plötzlich waren wir da.

Das Anwesen besteht aus vier getrennten Compounds. Einmal dem für die deutschen Mitarbeiter, der eigentlichen Klinik, der Geburtsabteilung und dem Compound der einheimischen Mitarbeiter. Mir wurde mein Tukul gezeigt, was ich mit einem tiefen Atemzug in Augenschein nahm. Eine einfache Hütte, aus Lehm gebaut, mit einem überdachten Vorraum. Dann der eigentliche Raum, circa vier mal drei Meter groß. Einfache Lehmwände mit einem Strohdach, durch das man an einigen Stellen hindurchsehen kann, von innen verkleidet mit Plastik. Einen Tropenregen wird das kaum überstehen, bis dahin ist aber noch etwas Zeit. In dem Raum steht ein klappriges Bett, das unter ehestandsähnlichen Bewegungen sicher zusammenbrechen würde. Da desgleichen nicht stattfinden wird, muss es die nächsten sechs Monate
lediglich mein Gewicht aushalten. Wenn ich mich auf dem Bett drehe, erinnert es mich an das Schlafen auf einem Schiff. Es gibt eine einfache Schaumstoffmatratze und ein lochfreies Moskitonetz. Meine Sachen habe ich halbwegs staubfrei in einem Stahlschrank untergebracht. Eine Sparlampe erhellt den Raum einigermaßen, da es nur zwei kleine Fenster gibt. Sicher sinnvoll, damit es nicht zu warm wird.

Ich habe aber etwa zwei Stunden damit zugebracht, den Raum halbwegs zu säubern. Drei große Kehrschaufeln Sand kamen zusammen, einige Spinnen mit Nestern, Käfern, halt was man alles so findet. Das Wasser zum Reinigen des Schrankes war entsprechend schwarz. Doch dann kam die Verwandlung. Ich bin so froh, dass ich mir so viele schöne Fotos habe drucken lassen. So habe ich mir eine Ecke der Liebe, eine Ecke des Schutzes und eine Ecke zum Träumen geschaffen. Mit Nägeln konnte ich die Bilder anbringen. Renates Bild aus Sri Lanka ist am Eingang in Augenhöhe, darunter Phulu und ich. In der Ecke oder im Eckfenster steht mein kleiner Reisebuddha und mein Quarzengel, dazu das Bild des Buddhas aus unserem Garten und ein Bild von Subudhi. Die weiteren Bilder von Peter Zandel verschönern den Rest der Wände. Vor meine Hütte
hängt eine Gebetsfahne. Jetzt fühle ich mich wohl!!!!

Mein Tukul ist jetzt wohl das sauberste, das es gibt. Ich habe die erste Nacht recht gut geschlafen, aber bei offener Tür. Es wäre sonst zu stickig gewesen. Pfeif doch auf die Schlangen und eventuelle Ratten. So habe ich am Morgen einen schönen Sonnenaufgang erlebt.

Es gibt vier dieser Tukuls für den deutschen Staff, alle ähnlich groß oder besser klein. Alle scheinen irgendwie damit klar zu kommen. Dann gibt es eine offene Dusche bzw. einen abgeteilten Platz, an dem man sich das Wasser, welches sich in einem Fass befindet, über den Kopf gießen kann. Einfach, aber praktisch und Wasser sparend.
Dieses Wasser muss von Frauen, die wir bezahlen, vom Brunnen geholt werden. Somit macht das Sinn.

Die Toilette ist eine Pitlatrine, bei der man die Abgänge klatschen hört. Die Fallhöhe ist nicht mehr die größte, so dass irgendwann eine neue Latrine gebaut werden muss. Hoffentlich erst in sieben Monaten. Sie ist sauber, es sinkt nicht und ist ebenfalls funktionell.

Dann gibt es ein Büro, in dem der Komitee PC steht. Alles ist total versandet, und ich frage mich, wie lange so ein Hightech Gerät das aushält. Dieser ist mit einem Satelliten Modem verbunden. Das letzte Gebäude beinhaltet unsere kleine Küche mit einem Gaskocher und einem Tisch und zwei offenen Regalen. Hierin steht immer verstaubtes Geschirr und essbare Dinge.
Ich habe noch drei Wasserfilter vergessen, aus denen wir uns bedienen. Auch dieses Wasser wird vom Brunnen geholt. Einziger Luxus ist, dass das Geschirr und unsere Wäsche gewaschen wird. Ansonsten gilt Selbstverpflegung, was nicht so einfach ist. Die Speisekammer leert sich mächtig, viel gibt es da nicht mehr zu holen. Heute habe ich aus Süßkartoffeln Bratkartoffeln gemacht, mit Dosenmais und Dosenananas. Es gibt einige Tomaten zu kaufen, ein paar Kartoffeln, und das war es auch schon. Ich denke, dass Abnehmen angesagt ist. Vielleicht gönne ich mir ja doch noch die eine oder andere Cola.

In der Mitte des Compounds steht ein großer Baum, der uns immer Schatten spendet. Die Mädels nutzen ihn als Rauchereck. Dann gibt es noch zwei Zelte, von denen eines als Notunterkunft genutzt wird, eines als Lager. Unser Compound ist von einer ca. zwei Meter hohen Mauer umgeben. Hab ich noch etwas vergessen? Ich glaube nicht. Alles ist jetzt, bei der Trockenheit, recht sandig und staubig, wie gesagt, man gewöhnt sich an alles. Ich hatte es sicher nicht so erwartet und bin froh, davon vorher nicht allzu viel gewusst zu haben. So hadert man nicht mehr so sehr mit dem Schicksal und begibt sich einfach hinein. Wenn die Arbeit all die Mühen wett macht, so soll es dann wohl so sein.

Ich bin gesund, fühle mich wohl. Seid alle recht herzlichst gegrüßt. Bis zum
nächsten Mal.

Euer Klaus

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