Samstag, 12. September 2009

Medizin mit Grenzen

Meine lieben Feunde,

schon wieder eine Woche, die wie im Fluge vergangen ist.

Der Nachmittag ist ruhig, nicht nur, was die Arbeit angeht. Das ganze Dorf scheint zu schlafen. Es wird jetzt wärmer, es kommen mehr Fliegen und andere Insekten, es regnet weniger. Die Bar von schräg gegenüber ist seit einigen Tagen geschlossen, und damit ist eine Ruhe eingetreten, die ich kaum für möglich gehalten hätte.

Sehr angenehm und erfreulich, konnte ich dafür heute morgen einer a-cappela Band vor meinem Küchenfenster zuhören. Vier Bauarbeiter saßen auf einem Sandhaufen und haben 30 Minuten gesungen. Dazu haben sie Baueisen, Holz und eine alte Blechdose als Rhythmusinstrumente benutzt. Das war auftrittsreif und hätte in manchem Jazzschuppen begeistert. Meinen Applaus bekamen sie, was die Vier aber eher irritierte. Es war eine nette Abwechslung.

Ansonsten beschäftigt mich im Moment die Tatsache, dass ich Patienten zum Sterben nach Hause schicken muss, die bei uns überleben könnten. Mir ist klar, dass viele Menschen, die in Eikwe sterben, bei uns in Deutschland eine bessere Überlebenschance hätten oder erst gar nicht krank geworden wären, da unsere Lebensumstände denen eines Paradieses entsprechen.
Ich rede im Speziellen von Patienten, die dialysiert werden müssten. Natürlich fallen mir als Nephrologen solche Patienten auf. Frau Köthe meint, dass es die nur gäbe, wenn ich vor Ort sei. Das ist aber sicher eine Fehleinschät-
zung, die nur zeigt, dass Nierenerkrankungen nicht zu den Differentialdiagnosen des Hauses gehören.
Bei meinen ersten Aufenthalten sah ich zumeist junge Leute mit einem akuten Nierenversagen, ausgelöst durch eine schwere Malaria, durch Kräutermedizin oder andere nephrotoxische Substanzen. In dieser Woche wurde ich nun mit dem Problem von chronischem Nierenversagen konfrontiert. Mir wurde ein 16 Jahre alter, völlig überwässerter Patient vorgestellt. Er hatte zusätzlich eine Anämie mit einem Hämoglobin von 4 mg/dl (normal 13-14 mg/dl). Er erkrankte vor 8 Monaten. Weil es ihm so schlecht ging, wurde er in einen sogenannten Healingcom-
pound gebracht. Dort gibt es alle Spielarten von Behandlungen. Was genau mit ihm angestellt worden war, wurde mir nicht berichtet. Mitpatienten erzählten mir später, dass er mit Seilen um die Beine gefesselt wurde, auch der Bauch wurde umwickelt. Dann bekam er eimerweise kaltes Wasser über den Körper geschüttet. Vielleicht wollte man ihn wie einen Schwamm auswringen?
Ich würde gern mal so ein Zentrum sehen. Als Arzt bekomme ich aber keinen Zutritt. Als es dem Patienten immer schlechter ging, brachte man ihn dann doch zu uns. Ich konnte ihn durch Verabreichung von intravenösen Medikamenten noch etwas ausschwemmen, damit erschöpften sich jedoch die Möglichkeiten vor Ort. Wohl gibt es in Accra und Kumasi Dialysezentren, die sind aber teuer und immer ausgelastet. Mir scheint, dass diese Zentren fast nur akute Nierenver-
sagen behandeln. Nun denke ich den ganzen Tag an diesen Jungen und an eine 42 Jahre alte Frau mit dem gleichen Schicksal.
Sie kam aus der Elfenbeinküste und war dort in diversen Krankenhäusern gewesen. Die Familie hatte schon viel Geld für Behandlungen ausgegeben, niemand hatte jedoch die Krankheit diagnostiziert. Der Ehemann war sehr erschüttert von meiner Diagnose und der schlechten Prognose dieser Krankheit. Er wollte Land verkaufen, um seiner Frau zu helfen. Schließlich verstand er jedoch, dass er gar nicht genug Land besitzt, um die lebenslange Behandlung seiner Frau zu bezahlen. Damit hätte er der gesamten Familie die Lebensgrund-
lage entzogen.
Er und zwei Söhne haben der Frau und Mutter noch Blut gespendet, dann sind sie alle gemeinsam gegangen. Die Blutspende war möglich, da die Patientin im Gegensatz zu dem Jungen nicht überwässert war. Der Ehemann wollte sie einfach kräftiger mit nach Hause nehmen und noch ein paar „normale“ Tage mit ihr verleben.

Jeden Tag muss ich mich hier mit dem Sterben auseinandersetzen. Es ist so geballt und hört nie auf. Allein heute Nachmittag wurden 8 Kinder mit Malaria aufgenommen, die eine Blutübertragung brauchten, fünf Kinder kämpfen im Moment gegen ihren Typhus, die Sterberate liegt bei 50%. Manchmal denke ich, dass mir dieses Sterben gar nicht mehr auffällt, dass ich abschalte. Ich gehe an den Müttern vorbei, die ihre Kinder auf dem Schoß sitzen haben, während Blut in die kleinen Körper läuft, ich mag manchmal nicht mehr hinschauen.
Es gibt kaum eine Frau in Ghana, die nicht zumindest ein Kind durch eine dieser Krankheiten verloren hat. Ich denke mir, dass mit jedem Kind auch etwas in diesen Frauen stirbt. Es kann nicht so spurlos an ihnen vorbei gehen, auch wenn es manchmal so scheint. Das ist sicher auch einer der Gründe, dass die Frauen so oft schwanger werden wollen und bei jeder Schwangerschaft immer wieder das eigene Leben aufs Spiel setzen. Dessen sind sie sich sicher bewusst.
Ich bin keine Frau und kann nicht unmittelbar mitfühlen, ich sehe aber immer wieder die traurigen Augen. So kommen Frauen auch häufig als Patienten mit unspezifischen Symptomen zur Aufnahme. Sie benehmen sich, als seien sie todkrank, reagieren nicht auf Ansprache, und ihnen ist egal, was man mit ihnen macht. Sie wollen einfach nur Ruhe haben und stationär aufgenommen werden. Dann liegen sie den ganzen Tag im Bett und genießen, dass man sich um sie kümmert. Sie brauchen kein Fufu zu stampfen, es gibt keine Kinder und keinen Mann, der nerven könnte. So lassen wir ihnen diesen kleinen Kurlaub in dem Wissen, dass sich nach ein paar Tagen alles von allein regelt. Diese Patienten machen dem Doktor wenig Arbeit.

Ich habe heute auch eine Frau entlassen müssen, die eigentlich einen Herzschrittmacher benötigt hätte. Auch sie war schon in mehreren Kliniken gewesen, weil sie immer umfiel. Ich habe kein EKG oder Echogerät, meine Finger scheinen aber sensibel genug zu sein, um die Diagnose stellen zu können. Sie bekam mehrere Malariabehandlungen, natürlich Antibiotika und was auch immer. Dieses Geld kann sie sich in Zukunft sparen. Leider konnte ich ihr nur einige Verhaltensregeln mit auf den Weg geben. Als Internist gibt es in diesem Land sicher eine Menge zu tun, nur wenn die Konsequenz die ist, eine Diagnose zu stellen und dann nichts tun zu können, frustriert das doch auf lange Sicht.
Entwicklungsländer müssen Prioritäten setzen und ihre finanziellen Mittel und Ressourcen zum größtmöglichen Nutzen ihrer Bürger einsetzen, das leuchtet jedem Menschen ein. Ich stoße aber immer wieder durch die persönliche Beziehungen zu betroffenen Menschen an Grenzen, die ich schwer akzeptieren kann. Allerdings muss ich auch zugeben, dass die Medizin in diesen Ländern häufig 30-40 Jahre hinter dem Standard der westlichen Welt hinterher hinkt, was von offizieller Seite natürlich anders beschrieben wird.
Dennoch will und kann ich keine Hilfe in solchen unterentwickelten Fachbereichen anbieten. Eine Dialyseabteilung im Busch wäre keine Alternative. Allenfalls könnte man über eine Bauchfelldialyse diskutieren. Für dieses Verfahren braucht man zwar keine technischen Apparaturen, doch an die zu erwartenden Infektionen mag ich gar nicht denken. Angeblich gibt es in Uganda eine funktionierende Einheit. Ich fände es spannend, diese mal zu besichtigen. Das würde aber nur mein persönliches Interesse befriedigen, einen praktischen Nutzen für Eikwe hätte es sicher nicht.

So versuche ich weiterhin meine Erfahrung und mein Wissen als Internist weiterzugeben. Dazu bieten sich die Frühbesprechungen an, meine Vorlesungen werden gerne angenommen. Als Gegenleistung lerne ich weiterhin viel auf dem Gebiet der Gynäkologie und vertiefe meine Erfahrungen bei den Tropenerkrankungen. Mein klinischer Blick wird klarer, was die Tropen-
medizin und die Afrikaner angeht und das ist wichtig, denn aufgrund der vielen Sprachpro-
bleme ist es mitunter kaum möglich eine verwertbare Krankengeschichte zu bekommen.
So sind die Schwestern immer wieder verwun-
dert, wenn ich z.B. sofort nach Alkohol frage, sobald ich einen entsprechenden Patienten sehe. Die Alkoholiker sehen auf der ganzen Welt gleich aus und haben die gleichen Antworten und Entschuldigungen. Da bin ich im Rote-
Kreuz-Krankenhaus in Bremen durch eine harte Schule gegangen. Aber über Alkohol redet man hier nicht, obwohl ein kräftiges Gebräu auf dem Markt ist.
Am letzten Sonntag brachten sie mir einen bewusstlosen Achtjährigen. Alle Angehörigen waren blau, und nachdem ich eine cerebrale Malaria ausschließen konnte, war mir klar, dass der Kleine auch etwas getrunken haben musste. Der Opa war ein Palmwein Hersteller. Am anderen Morgen wachte der Junge auf, war etwas konfus, strahlte aber stolz, dass auch er der Familientradition gefolgt war. So viel zum klinischen Blick.

Soviel für heute aus Eikwe,
Euer Klaus

1 Kommentar:

Michelle Dady hat gesagt…

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