Sonntag, 25. März 2007

Malaria












Klingt doch ganz melodisch, oder? Liebe Freunde, heute muss ich Euch von dieser schlimmen Krankheit berichten, da sie mich in den Nuba Bergen täglich beschäftigt und ich Menschen daran sterben sehe, ziemlich akut oder auch langsam im Rahmen von Blutarmut, Organveränderungen, Nierenversagen.

So wie den kleinen Jungen auf dem Bild bringen die Menschen die Erkrankten in unsere Ambulanz. Tief komatös, hoch fiebernd, ausgetrocknet und fast tot. Der kleine Junge hat es überlebt, was aber nicht unbedingt die Regel ist.

In den Statistiken der WHO aus dem Jahr 2004 ist zu lesen, dass jährlich 350 bis 500 Millionen Menschen an Malaria erkranken, es sterben daran jährlich etwa 1,5 bis 2 Millionen. Allein in Sub-Saharian-Afrika, wozu auch der Sudan gehört, sind das ca. 900.000 Kinder. Etwa 20% der kindlichen Todesfälle sind auf Malaria zurück zu führen. 40% bis 50% der Patienten, die stationär aufgenommen werden, sind an Malaria erkrankt. Soweit die nackten Zahlen.

Die Erkrankung ist in dieser Gegend endemisch, was bedeutet, dass es sie zu jeder Zeit gibt. Die Plasmodien (Erreger) leben im Körper der infizierten Menschen. Der Mensch ist der einzige Wirtsorganismus, den die Plasmodien zum Weiterbestehen benötigen. Die Anopheles-
Mücke ist der Überträger und wichtig für die Entwicklung der Parasiten. Sie brauchen die Symbiose Mensch und Mücke, um zu überleben. Dieses ist eine ganz einfache Erklärung, aber ausreichend, um zu verstehen, dass man unter den Bedingungen in Afrika immer nur die Symptome behandeln kann und das mitunter auch nicht, da die erforderlichen finanziellen Mittel fehlen. Daher hat sich der Global Fund, welcher unter anderem von Bill Gates gegründet und finanziert wird, sich dieses Problems angenommen. Er finanziert einen Teil der Forschung, stellt Mittel zur Therapie bereit und tut Einiges für die Prophylaxe. Diese beinhaltet die Bekämpfung der Brutstätten der Mücken und die Bereitstellung von imprägnierten Bettnetzen.

Ziel ist es, Kinder unter fünf Jahren und schwangere Frauen zu schützen. Im späteren Leben entwickeln die Menschen eine Teilimmunität, die sie vor den gefürchteten Komplikationen schützt. In unserem Projekt bin ich in der glücklichen Lage, über alle guten Medikamente zur Behandlung zu verfügen, und es gibt ausreichend Flüssigkeit in Form von Infusionen. Leider kommen die Menschen fast immer zu spät, und für solche Fälle fehlt dann doch die Intensivstation.
So haben wir durch cerebrale Malaria schon einige Kinder und Frauen verloren, die man hätte beatmen müssen. Schwangere haben ihre Kinder in einer Abortblutung verloren. Das ist noch die „einfachere Variante“. Wenn die Mutter verstirbt, ist das ein Drama für die ganze Familie, da es einen Stall voll Kinder gibt, die die Mutter und damit ihre nächste Bezugsperson verloren haben. Im Moment behandele ich einen kleinen Jungen nach einem akuten Nieren-
versagen, aus dem ich ihm heraushelfen konnte. Er hatte das Glück, auf den wahrscheinlich einzigen Nephrologen im Sudan zu treffen.

Die Menschen kennen diese Erkrankung seit Menschengedenken und akzeptieren
sie, wie so Vieles hier, was ich niemals könnte. Sie wollen nicht unter Moskitonetzen schlafen, da es ihnen zu heiß darunter ist. Ich kann das verstehen und schwitze auch des Nachts vor mich hin. Man muss sich halt dazu zwingen, was eine Mentalitätsfrage ist. Für das Sprühen der Hütten ist kein Geld vorhanden, der Staat kümmert sich nicht. Auch für die Bereitstellung der Medikamente gibt der Staat kein Geld aus. Das staatliche Gesundheitssystem hält an einer Therapie fest, die schon lange nicht mehr
wirksam ist. Das Gesundheitsministerium ist noch nicht einmal in der Lage, ein Auto bereit zu stellen, um Medikamente, die Cap-Anamur für die kommende Regenzeit zur Verfügung stellen will, bei uns abzuholen, um sie an die staatlichen Health posts zu verteilen. Das sollen wir auch noch für sie machen. So kommen die Menschen von weit her zu uns oder auch nicht. Man muss sich mal vorstellen, mit hohem Fieber bei 40°C Hitze 2 bis 6 Stunden zu laufen!
Ich wundere mich immer wieder, wie das geht.

Ich selbst habe zwar auch etwas Angst zu erkranken, schütze mich aber durch ein Antibiotikum, welches ich nun sechs Monate lang schlucke, schwitze unter dem Moskitonetz und sprühe mich abends ein. Ist sicher nicht alles so gesund, aber einer Malaria vorzuziehen. Bislang ist ja noch alles gut gegangen, die Regenzeit steht vor der Tür.

Nun noch der Bezug zur Heimat. Experten gehen davon aus, dass die Malaria auch in Europa wieder Einzug halten wird, wenn es mit der globalen Erwärmung so weiter geht. In Südeuropa soll es schon einige Erkrankungsfälle gegeben haben. Die letzte Erkrankung hatten die Engländer 1936 in Südwales diagnostiziert.

In den nächsten zwei Wochen wird es wohl keine neuen Blogs geben, da meine Liebste mit Freundinnen in die Sonne fliegt. Sie zeichnet verantwortlich für die Grammatik, das Layout und die Veröffentlichung. Ich hoffe, dass sie sich gut erholt und von Mücken verschont bleibt. Das römische Imperium hatte unter den Soldaten dort unten auch ein Malariaproblem. Von schwarzem Urin wurde zumindest berichtet.

Ich hoffe, dass es allen weiterhin gut geht,

Euer Klaus

Sonntag, 18. März 2007

Ach, Afrika – Die Promiskuität und ihre Folgen


Liebe Freunde,

heute ein ganz heißes Thema aus diesem heißen Kontinent. Ich denke da nicht einmal an die altbekannte Problematik HIV/AIDS. Dazu vielleicht später
mal mehr.
Bestimmt zweimal die Woche sehe ich Kinder, wie auf dem beigefügten Bild zu sehen. Gerade mal geboren und schon eine Geschlechtskrankheit, in diesem Fall eine Syphilis. Es ist immer schlimm anzusehen, wie die Säuglinge sich mit den Hauterkrankungen quälen und dann von uns mit Penicillininjektionen zusätzlich traktiert werden. Das Penicillin tut sehr weh, wenn es in die Muskulatur eingespritzt wird. Selbst den harten Männern treibt es die Tränen in die Augen.

Der afrikanische Mann braucht viele Frauen und will viele Kinder zeugen, vor allem in den moslemisch geprägten Ländern. Das scheint althergebracht zu sein und ist wohl eher kulturell zu verstehen. Ich kenne die Kultur viel zu wenig, um darüber urteilen zu wollen. Fakt ist, dass es in unserer modernen Zeit nicht mehr ohne Konsequenzen und Risiken praktizierbar ist. Die Gesellschaft ist mobiler geworden, die Gemeinschaft der Sexualpartner ist größer geworden. Soldaten werden weit vom Wohnort entfernt stationiert, sind lange von zu Hause fort und suchen sich Frauen vor Ort. Männer sind zur Arbeit häufig Monate unterwegs. Die zurück gebliebenen Frauen sind auch keine Kinder von Traurigkeit und leben ihr Leben. Die wenigsten Ehen entsprechen unserem Liebesideal, sie sind eher Zweckgemeinschaften, entsprechen den finanziellen Möglichkeiten der Männer. So ist die Bereitschaft für einen Ehebruch vorhanden und das Risiko für eine Ansteckung mit einer Geschlechtskrankheit entsprechend groß. Jeden Tag diagnostizieren wir Syphilis, Gonorrhöe und was es sonst noch alles gibt. HIV testen wir nicht, da es keine entsprechende Logistik und Therapiemöglichkeiten gibt. Ich bin mir aber sicher, dass wir auch da fündig würden.

Die Bildung der Menschen im Südsudan ist katastrophal schlecht, so dass es kaum möglich ist, die Betroffenen entsprechend aufzuklären. Im Südsudan werden so unterschiedliche Dialekte gesprochen, dass es mitunter schwer fällt, den nötigen Übersetzer zu finden. Es gibt eine Schamgrenze, die ich bei der Promiskuität nicht verstehen kann. Man spricht einfach nicht über Sexualität, man praktiziert sie nur. Meinen Übersetzern ist es oft mega-peinlich meine Fragen zu übersetzen. Kondome werden schlichtweg abgelehnt.

Die schwangeren Frauen, die in unsere Gynäkologie zu Vorsorge kommen, werden
alle entsprechend getestet und zur Paartherapie einbestellt. Es ist häufig äußerst schwierig, da der Mann all seine Frauen bringen muss, auch die, die gerade nicht schwanger sind. Die Frauen leben häufig weit voneinander entfernt und wollen oft nicht kommen. Was geht sie die andere Frau an? Dann behandeln wir doch, um das wachsende Kind zu schützen. Manchmal sind die Frauen dann wieder infiziert, aus welchen Gründen auch immer. Außerdem betreuen wir nur einen Bruchteil der Schwan-
geren in unserem Einzugsbereich. Die anderen Frauen kommen erst mit den erkrankten Kindern.

Ich musste feststellen, dass die gängigen Antibiotika zur Behandlung einer Geschlechts-
krankheit nicht mehr greifen. Kein Wunder, bei dem schnellen Griff zum Antibiotikum bei allen Gelegenheiten. Das macht die Behandlung nur noch komplizierter und teurer. Dass dafür Spendengelder benutzt werden, ist ein eigenes Thema.

Ich glaube, dass man das Problem der Geschlechtskrankheiten und damit auch HIV/AIDS nur durch eine umfassende und bessere Bildung der afrikanischen Menschen in den Griff bekommen kann. Das ganze Geld, das jetzt für Medikamente und Therapien investiert wird, ist unnütz ausgegeben. Wir behandeln mal wieder nur rein symptomatisch, stecken den entsprechenden Pharmafirmen das Geld in die Tasche, anstatt die Ursachen zu behandeln.
Ursachen in Form mangelnder Bildung, Armut, Hunger, Perspektivlosigkeit, ungerechter Entlohnung der Menschen in der Dritten Welt. Die Menschen, die jetzt infiziert sind, denen ist eh nicht mehr zu helfen, sie sterben über kurz oder lang. Der kleine Junge, der jetzt schon krank zu Welt gekommen ist, ohne sein Zutun, dem gilt es zu helfen. Das ist die Zukunft Afrikas, stellvertretend für den Rest der Armen. Daran müssen wir arbeiten.

Medizin wird für mich immer unwichtiger, denn sie ist keine präventive Hilfe, hilft vielleicht eher die Probleme zu verdecken und ist nur gut gegen ein schlechtes Gewissen.

Euer Klaus

Sonntag, 11. März 2007

Das Wasser wird knapp












Es ist heute sehr heiß, und ich tropfe nur noch vor mich hin. Ich versuche meinen PC vor meinem Schweiß zu schützen, so gut es geht. Staub überall und dann auch noch Wasser, das ist bestimmt nicht so gut.

Die Menschen um mich herum transpirieren genau so wie ich. Jetzt wird auch das Wasser in den Brunnen knapp und die Stimmung der Menschen zunehmend aggressiver. An der einzigen Pumpe vor unserem Krankenhaus steht eine lange Schlange von Kanistern, die alle langsam, wie von Geister Hand, Richtung Pumpe wandern. Sie sind irgendwie markiert und werden nach einem System gefüllt, das ich nicht durchschaue. Manchmal denke ich, welch eine Disziplin, dann wird es aber doch wieder etwas laut, da einige der Wartenden sich nicht an die Reihenfolge halten wollen. Diese Pumpe versorgt die Menschen aus einem Umkreis von 30 – 50 Minuten Fußweg. Wasser wird grundsätzlich von den Frauen und Mädchen geschleppt. Es scheint unter der Würde der Männer zu sein, diese schwere körperliche Arbeit zu verrichten.

Unsere Trägerin hat heute schlapp gemacht, sie kann auch allein die Arbeit nicht mehr schaffen. Es ist richtig schwer, das Wasser nach oben zu pumpen. So haben wir jetzt für die Nacht eine Zweite angestellt, da nachts nicht mehr so viele Menschen kommen und sich ein Fass schneller füllen lässt. Wir trinken dieses Wasser, gereinigt über Filter, benutzen es zum Waschen, Duschen und Kochen. Für vier Personen kommen da schon einige Liter zusammen. Wenn ich an den Verbrauch zu Hause denke, ist es aber nur ein Bruchteil dessen, was man so am Tag in Deutschland verbraucht. Man lernt den Wert von Wasser wieder zu schätzen. Wer macht sich bei uns darüber eigentlich noch Gedanken? Wenn der Brunnen austrocknet, müssen wir für viel Geld Wasser aus Kauda, dem nächsten Ort, kommen lassen. Ich befürchte, dass das dann nicht mehr so sauber ist. Weiß der Henker, in welchen Fässern das Wasser transportiert wird. Wir können das zahlen, die anderen vor der Tür nicht. Sie müssen dann ihr Wasser über eine Stunde lang schleppen. Dann trinken sie noch weniger als sonst üblich, und sie werden noch schmutziger.
Für mich kaum noch vorstellbar, was dann für Arbeit auf uns zu kommt.

Dieses Problem des Wassermangels werden wir weltweit erleben. Es gibt Landstriche auf der Welt, da ersaufen die Menschen im Wasser und andere Gebiete wie hier, wo man um jeden Tropfen ringen muss. Die Menschen in Lwere kennen das Problem, es besteht jedes Jahr. In diesem Jahr nur sehr viel früher als sonst. Global Warming kennen sie nicht als Begriff, nur die praktischen Auswirkungen lassen sie immer schlechter leben. In zwei Monaten kommt dann die Regenzeit, wo die trockenen Flussbetten zu reißenden Strömen werden und dann neue Gefahren auf die Menschen zu kommen. Unpassierbare Straßen, Schlamm und Schlamm-
lawinen, die Mücken und dann Malaria, an der die Kinder, die schwangeren Frauen und die alten Menschen sterben. Der Killer in Afrika schlechthin.

Wir Menschen in der westlichen Welt sind die Hauptverursacher dieser Umweltproble-
matik mit unserem Hunger nach Wohlstand, Luxus und den vielen anderen vermeintlich unentbehrlichen Annehmlichkeiten der westlichen Zivilisation. Es muss immer mehr sein, höher, weiter und schneller. Viel weiter als über unseren Tellerrand wollen wir nicht sehen. Klar ist, dass meistens die armen Menschen die Folgen zu tragen haben. Siehe meine derzeitige Lebenssituation in Hitze und Wassermangel oder Bangladesh mit Hitze und Überschwem-
mungen.
Wie mir Renate berichtete, ist aber gerade auch bei Euch die Diskussion über dieses Thema akut. Ich würde mir wünschen, dass möglichst viele Menschen wach werden, denn irgendwann wird es auch zu einem Problem von uns Menschen in den westlichen Ländern werden. Fakt ist, dass wir viel mehr zu verlieren haben als die Menschen hier. Wenn es sich nicht mehr leben lässt, verlassen die Menschen ihre Heimat in Afrika. Es gibt eh nichts mitzunehmen, da man nichts besitzt. Wir sind nicht so flexibel, da wir auf unserem Reichtum sitzen und über jeden Euro jammern, der verloren geht.

Mir geht es trotz allem gut, mitunter recht müde bei der anfallenden Arbeit und den Lebens-
bedingungen. Ich wünsche Euch eine gute Woche.

Euer
Klaus

Montag, 5. März 2007

Die Narben Afrikas




Liebe Freunde,

wieder ist eine Woche vergangen, nicht ohne eine weitere Schnitt- entbindung. Leider war das Kind schon tot, der Mutter konnten wir aber helfen, und es geht ihr trotz großem Blutverlust gut. Gewöhnen kann ich mich immer noch nicht an den damit verbunden Stress.

Das Foto der Nubafrau ist für mich ein Sinnbild, wie ich Afrika bisher erlebe: tiefe Narben, die in die Menschen und diesen Kontinent geschlagen wurden. Die Narben der Frau sind keine Unfallnarben, nein, sie hat sie sich selbst zugefügt. Es soll der Schönheit dienen, aber auch signalisieren, wie stark und kräftig man ist, diesem harten Leben die Stirn zu bieten, Gesicht zu zeigen. Ich verstehe nur wenig von den Menschen in meiner Umgebung, und es fällt mir sehr schwer in diese fremde Kultur einzusteigen.

Die Menschen sind sehr hart sich selbst und ihren Mitmenschen gegenüber. Emotionen sehe ich selten, alles wird stumm und kommentarlos akzeptiert, Widerstand selten geübt. Die Familie kommt mit den Kranken in Sorge. Sie tun die praktischen Dinge, die das Überleben sichern helfen, es fehlt mir aber in allem das, was ich mit einem Begriff des liebevollen Mitfühlens umschreiben würde. Vielleicht ist das ja auch ein Luxus, den nur wir uns in unserer Gesellschaft leisten können. Hier zählt einfach nur das Überleben und das gelingt nur, wenn man hart ist und bleibt. So wird auch kommentarlos akzeptiert, wenn dem Kranken nicht mehr zu helfen ist. Dann nehmen sie den Menschen zum Sterben mit nach Hause, wie immer das dann auch zu Ende geht. Der Wunsch kommt meistens vom Patienten, weniger von den Angehörigen. Das Sterben in dieser Gemein-
schaft ist Bestandteil des Lebens, und da haben sie uns in unserer Gesellschaft einfach etwas voraus. Das finde ich in all meiner Kritik bewundernswert, und insofern lerne ich von ihnen. Sie übernehmen im privaten Bereich Verantwortung für sich und fordern sie nicht von anderen ein. Sie hadern weniger mit ihrem Schicksal oder dem lieben Gott.

Gleichzeitig macht mich die Lethargie auch wiederum wütend, wenn es Lösungsmöglich-
keiten gibt. So schert es den Ehemann einer Patientin wenig, dass sie und das neugeborene Kind wahrscheinlich sterben werden, bloß weil sich niemand aus der Familie findet, der Blut spenden will. Ihm konnten wir nach viel Lärm 500 ml abzapfen, jetzt erzählt er allen, wie schwach er ist, und der Rest der Familie sucht das Weite. Das seine Frau kaum Kraft zum Atmen hat, geschweige denn genug Milch für das Kind vorhanden ist, interessiert ihn nicht. Wahrscheinlich hat er genug Geld, sich bald was Jüngeres fürs Bett und die harte Arbeit zu kaufen. Auch das zeigt die Härte dieser Menschen und ist für mich unverständlich. Es bleibt mir aber kaum etwas anderes übrig, als das zu akzeptieren. Es bestätigt die Thesen und Aussagen von Bartholomäus Grill in seinem Buch „Ach, Afrika“. Es war mir eine gute Hilfe in der Vorbereitung auf das Leben in Afrika.

Ich habe eh ein sehr gespaltenes Verhältnis zu den männlichen Patienten. Sie machen mich mitunter aggressiv. 90% von ihnen sind gesund und kommen mit Befindlichkeitsstörungen, die ich nicht mehr behandelt wissen möchte. Wie überall in der Dritten Welt sind die Frauen die Säulen der Gesellschaft. Sie leisten harte Arbeit, kümmern sich um die Kinder und die Familie und sind fast permanent schwanger. Deren Krankheiten versuche ich ernster zu nehmen, versuche zu helfen. Die Männer sind die großen Macher mit dem Maul. Vor allem, wenn sie meinen, etwas zu sagen zu haben. Gremienarbeit und Meetings sind ihr große Leidenschaft. Sie verlangen aber immer zu aller erst Geld, welches sie nicht besitzen. Sie erwarten von den internationalen Gesellschaften ein Sponsoring ohne Limit nach oben und bekommen das ja auch vielfach. Die Korruption lauert aber an jeder Ecke. Auch das ist Afrika, ein Fass ohne Boden und Menschen, die es gewohnt sind, die Hand aufzuhalten und uns ein schlechtes Gewissen zu machen, uns mit ihrem Elend und den Katastrophen drohen.

Ein katholischer Priester, der seit 30 Jahren in Afrika lebt und arbeitet, sagte mir neulich als Fazit seiner Erfahrung: „Gebt den Afrikanern für ihre Bodenschätze und Dinge, die sie zu bieten haben, das, was ihnen zusteht, behandelt sie korrekt wie jeden anderen Menschen, und lasst sie allein. Solange der weiße Mann sich kümmert und immer wieder in Situationen eingreift, von denen er nichts versteht, so lange wird sich auf diesem Kontinent nichts verändern.“

Ich weiß noch nicht so ganz, ob ich dem zustimmen kann, ich muss aber sehr häufig an diese Aussage denken. Das Leben geht hier weiter, ob ich/wir da sind oder nicht. Es wäre ein enorme Überheblichkeit, die Tatsache anders zu sehen.

Nichtsdestotrotz mache ich im Moment weiter, für meine Zukunft gilt es neue Überlegungen anzustellen.

Ich wünsche Euch alles Gute
Euer
Klaus