Dienstag, 23. Januar 2007

Ich stecke fest


Liebe Freunde


So richtig geht es mit mir und meiner Reise nicht weiter. Ich sitze in einem kleinen und staubigen Nest an der Grenze zwischen Kenia und dem Sudan fest. Mein heutiger Flug in die Nuba Berge wurde ohne vorherige Warnung gestrichen. Ich war der einzige Fluggast.
Man ließ mich aber trotzdem aus Nairobi kommen, es hätte ja auch anders sein können, sprich die Airline wollte sich alle Möglichkeiten offen halten. Dienstleistungswüste Afrika oder fairerweise Dritte Welt.

Angefangen hat aber alles mit Kyrill. Dieser Megasturm hielt mich doch gleich in Hamburg fest. Auch dort wartete ich sicher sechs Stunden, bis klar war, dass nichts mehr ging. Da ich auch keinen Zug mehr bekam und Renate nicht mit dem Auto kommen sollte, blieb ich bei unserem Freund Heiner vor Ort. Am Samstag ging es dann aber ohne nennenswerte Störungen nach Nairobi. Unter den vielen Menschen am Empfang fand ich dann auch Ulf und Patrick, die mich abholten. Das Klima am Abend war recht angenehm und ließ mich in einen ruhigen Schlaf fallen. Cap Anamur hat eine Wohnung in Nairobi, erinnerte mich an alte WG Zeiten.
Viel habe ich von der Stadt nicht gesehen, denn am Sonntag ging es gleich weiter. Nairobi -Lokochoggio. Nur eine Stunde Flug, aber eine andere Welt.

Von hier aus starten alle Hilfsorganisationen ihre Flüge oder Transporte in den Südsudan. Es hat was von einer alten Goldgräberstadt und dieselbe Mentalität. Um die Flugpiste scharen sich eine Menge Hütten und die Compounds der Organisationen. Mittendrin die UN, mit allen Annehmlichkeiten, die man sich denken kann. Aircondition, super Autos etc… Die UN sollte ich vielleicht mal in Zukunft als Organisation beehren. Cap Anamur bleibt seinem alten Standard treu. Einfach, so eben erträglich. Die Leute in diesem Camp sind dafür aber äußerst nett und hilfsbereit. Leider habe ich ihnen am ersten Tag zuviel geglaubt und mich von dem immer währenden Lachen und dem Glanz in den großen Augen übertölpeln lassen. Besser ist doch, man geht allein auf die Suche, schreibt Namen und Telefonnummern auf und versucht das Puzzle zusammen zu setzen. Aber trotzdem, irgendwie haben die Menschen etwas. Was, muss ich mir noch erschließen.

Vorrangiges Ziel ist jetzt, den nächstmöglichen Flug zu bekommen. Die Flieger der UN, deren Logistiker mich versetzt haben, fliegen erst wieder am Samstag, welch eine üble Vorstellung. Dort soll ich morgen ein verbindliches Okay bekommen. Ist das dann auch verbindlich? Ich würde ihnen gern vertrauen wollen, dann wird die Zeit aber verdammt lang. Hier langweilt sich jeder, schwitzt in der Sonne vor sich hin, schützt sich vor der Sonne und gammelt herum. Der Fernseher läuft von morgens bis abends, dann wird gesoffen, zumindest die Leute, die Geld besitzen. In wie weit HIV verbreitet wird, mag ich nur vermuten. Selbst ich habe gestern einer der Damen selbiges Ansinnen verdorben. Ein freundliches „No, Thank you“, wurde nicht akzeptiert, der Priester wurde mir nicht abgenommen, erst ein ernstes „jetzt reicht es, ich rufe den Manager“, zeigte die erwünschte Wirkung. Auch dieser lange Brief zeigt die viele freie Zeit an, über die ich im Moment verfüge. Nachdem ich meinen Ärger hab Ärger sein lassen, geht es mir besser. Es ist, wie es ist, be African. Ich versuche das Beste draus zu machen, so kann meine Seele auch zur Ruhe kommen, ankommen und sich auf die kommenden sechs Monate einstellen. Es zeigt gute Wirkungen, ich bin offen für die Menschen, interessiert an dem, was sie machen und wie sie leben.

So habe ich heute beim Mittagessen vier Sudanesen kennen gelernt, die bald Brunnen in ihren Dörfern bauen. Sie haben es in Kenia von einer kanadischen NGO (Non government organisation) gelernt. Sie hatten alle vier große Narben über der Stirn als Andenken an ihren Initiationsritus. Sah bei der dunklen Haut recht gut aus. Ich fragte sie nach ihren Schmer-zen. Sie lachten und der erste sagte mir dann, dass es sauweh getan habe, aber er durfte kein Wort sagen, sonst wäre der Vater tot umgefallen und keine der Deerns hätte ihn mit was weiß ich noch angesehen. Als der Freund sich outete, stimmten ihm die anderen auch zu. Immerhin werden die zukünftigen jungen Männer jetzt mit einem Einmalmesser geritzt, HIV ist nicht mehr ganz so unbekannt.

In weiser Voraussicht habe ich meinen Laptop mitgenommen, so kann ich schon Vorträge für die Mitarbeiter ausarbeiten, diesen Brief schreiben, damit ins Internet gehen. Alles läuft über wireless Telefone, und dieses Camp hat eine Flatrate, von der ich mich bediene. Ich habe es sogar allein geschafft, diesen PC zu konfigurieren. Unser Sohn Lasse kann stolz auf mich sein, auch wenn sich gelegentlich noch seine Nackenhaare sträuben, wenn ich einige meiner Fragen stelle. Aber ab und zu bleibt doch etwas hängen.

Soviel nun für heute vom 23.01.2007. Fortsetzungen sollen folgen. Ich denke jedoch, dass mich in den Nuba Bergen viel Arbeit erwartet und hoffe, dass dann noch Zeit fürs Schreiben bleibt.

Jambo, Euer Klaus

1 Kommentar:

Lasse hat gesagt…

Lieber Klaus,

ich bin stolz auf Dich, nicht nur wegen dem PC, sondern wegen diesem ganzen Vorhaben.

Dein Lasse.